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Ratgeber

Cannabis gegen Krankheiten – Bei welchen Beschwerden hilft es?

14 Minuten Lesezeit
Autor
Mira Ross-Büttgen

Die wichtigsten Aussagen in Kürze:

  • Es gibt zahlreiche Studien, die die Wirkung von Cannabis gegen Krankheiten untersuchen.
  • Für die meisten Einsatzgebiete fehlen aber gesicherte wissenschaftliche Nachweise.
  • Gut belegt ist die Wirkung von Cannabis bei chronischen Nervenschmerzen und bestimmten Formen der kindlichen Epilepsie.
  • Außerdem wird Cannabis gegen Spastiken bei der Multiplen Sklerose, gegen Übelkeit bei Chemotherapien und gegen Appetitlosigkeit bei HIV / AIDS eingesetzt.
  • Cannabis-Medikamente können ärztlich verordnet werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. In vielen Fällen ist auch eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse möglich.

Die Cantiva Cannabis Apotheke ist eine auf Cannabis spezialisierte Online-Apotheke. In unserem Online-Shop finden Sie alles rund um medizinisches Cannabis und Cannabis-Präparate. In diesem Patienten-Ratgeber haben wir für Sie umfassendes Hintergrundwissen über Cannabis gegen Krankheiten zusammengestellt.

Der Ratgeber bietet Ihnen eine praktische Gesamtübersicht bei welchen Krankheiten Cannabis eingesetzt wird und was der aktuelle Stand der Forschung sagt. Oder Sie springen in der Inhaltsübersicht einfach direkt zu dem Kapitel, das Sie am meisten interessiert.

Viel Spaß beim Lesen
wünscht Ihnen das Team der Cantiva Cannabis Apotheke

Cannabis gegen Krankheiten: Inhaltsstoffe und Eigenschaften

Cannabis hat als Medizin bei Krankheiten eine jahrtausendelange Tradition. Aufzeichnungen darüber finden sich bereits in einem chinesischen Arzneibuch aus dem Jahr 2700 v. Chr. Seine Wirkung beruht dabei vor allem auf den enthaltenen Cannabinoiden.

Das sind Stoffe, die im menschlichen Körper mit dem sogenannten Endocannabinoidsystem zusammenwirken. Dieses System hat Einfluss auf Schmerzen, Stimmung, Appetit, Immunsystem, Entzündungen und weitere Körperfunktionen.

Die beiden wichtigsten Cannabinoide in der Hanfpflanze sind THC und CBD: Der (potenzielle] medizinische Nutzen von Cannabis beruht zum Großteil auf deren Eigenschaften – mehr dazu in den folgenden Absätzen:

Cannabis gegen Krankheiten: Formel von ZHC und CBD.
(iStock.com/malika)
Cannabis gegen Krankheiten: THC.
(iStock.com/Artyom Kozhemyakin)

*Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 27

**Information der FDA zu Marinol®, einem Fertigarzneimittel auf Basis von THC [abgerufen am 13.03.2023]

THC

Tetrahydrocannabinol (THC) ist für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich. Es hat aber einige weitere Eigenschaften, die den Stoff als Arzneimittel interessant machen:*

  • schmerzlindernd
  • übelkeitshemmend
  • appetitanregend
  • muskelentspannend
  • psychotrop (Stimmungssteigerung, veränderte Wahrnehmung)

Risiken und Nebenwirkungen umfassen u. a. generelle Schwäche, Bauchschmerzen, Herzklopfen sowie Schwindel, Nervosität und Benommenheit.**

CBD

Cannabidiol (CBD) ist ein weiterer Wirkstoff im Hanf, der bei Krankheiten helfen könnte. Es sind u. a. folgende Eigenschaften beschrieben:*

  • antientzündlich
  • krampflösend
  • angstlösend
  • antipsychotisch

Reines CBD wird in der Regel gut vertragen und weist kaum Nebenwirkungen auf,** in höheren Dosierungen (ab 20 mg/kg Körpergewicht) kann gelegentlich Schläfrigkeit, Durchfall, Fieber oder verminderter Appetit auftreten. Es sind außerdem Wechselwirkungen in Kombination mit anderen Medikamenten möglich.

Weiterlesen: Mehr zur Wirkung von CBD erfahren Sie in unserem Ratgeber “Was ist CBD?“.

Cannabis gegen Krankheit: CBD.
(iStock.com/Artyom Kozhemyakin)

*Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 27

**Chesney, E., Oliver, D., Green, A. et al., 2020, Adverse effects of cannabidiol: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials + World Health Organization, 2018, Cannabidiol (CBD), Critical Review Report

Cannabis gegen Krankheiten: Cannabisblüten.
(iStock.com/Morrison1977)

Im Überblick: Bei welchen Krankheiten hilft Cannabis?

Wie bereits oben erwähnt, ist das mögliche Einsatzgebiet für Cannabis (bzw. der Wirkstoffe THC und CBD) bei Krankheiten groß. Denn das Endocannabinoidsystem, mit dem Cannabis zusammenwirkt, reguliert eine Vielzahl an Körperfunktionen.

Allerdings muss die Wirkung für jede Krankheit separat untersucht werden. Hier finden Sie eine Übersicht über einige Bereiche, in denen bereits geforscht wurde – geordnet nach der Evidenzlage (d. h. wie gut eine Wirkung jeweils wissenschaftlich belegt ist).

Gute bis moderate Nachweise

Insgesamt steht die Forschung zu Cannabis-Medikamenten noch in ihren Anfängen. Auch aus diesem Grund finden sich nur wenige Krankheiten, bei denen die Wirksamkeit von Cannabis gut nachgewiesen ist.

Gute bis moderate Nachweise nach den Standards der evidenzbasierten Medizin finden sich bei:

  • chronischen Schmerzen (insbesondere Nervenschmerzen)*
  • bestimmten Formen kindlicher Epilepsie (bezogen auf den Wirkstoff CBD)**
Cannabis gegen Krankheiten: Nervenschmerzen im Arm.
(iStock.com/Filip_Krstic)

*Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 289

**Elliott, J., DeJean, D., Clifford, T. et al., 2019, Cannabis-based products for pediatric epilepsy: A systematic review

Cannabis gegen Krankheit: Frau mit Übelkeit.
(iStock.com/Liubomyr Vorona)

[1] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer-Verlag, 2018, S. 304

[2] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer-Verlag, 2018, S. 326

[3] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer-Verlag, 2018, S. 327

Mäßige bis schwache Nachweise

Bei weiteren Beschwerden zeigten sich positive Effekte, es gibt aber zu wenig hochwertige Studien.  Die Linderung dieser Beschwerden ist also wahrscheinlich, bedarf aber weiterer Nachweise:

  • Spastik bei Multipler Sklerose oder Lähmungen1
  • Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie2
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV-Infektion3

Sehr schwache bis keine Nachweise

Darüber hinaus gibt es einige Krankheiten, wo kaum Nachweise für eine Wirkung vorliegen. Entweder sind die – meist wenigen – Studien nicht belastbar (z. B. wenige Teilnehmer, keine Placebo-Kontrollgruppe) oder die Ergebnisse sprechen nicht für einen signifikant positiven Effekt von Cannabis:

  • Angststörungen1
  • Schlafstörungen2
  • ADHS2
  • Tourette-Syndrom3
  • Depression1
  • Darmerkrankungen2
  • Parkinson4

Allerdings bedeutet das nicht unbedingt, dass eine positive Wirkung von Cannabis bei diesen Krankheiten ausgeschlossen ist, sondern nur, dass keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise existieren.

Cannabis gegen Krankheiten: Frau mit Schlafstörungen.
(iStock.com/AndreyPopov)

[1] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 395

[2] Pogarell, O., Fahrmbacher-Lutz, C., Tretter, F. et al., Medizinisches Cannabis – eine praxisbezogene Hilfestellung, 2018, S. 5

[3] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 396

[4] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 355

Cannabis gegen Krankheiten: Frau mit Migräne.
(iStock.com/AndreyPopov)

Bei welchen Krankheiten wird Cannabis verschrieben?

Seit 2017 ist es in Deutschland möglich, Cannabis-Medikamente zu verschreiben. Es gibt jedoch keine genaue Liste, bei welchen Krankheiten Cannabis (bzw. THC oder CBD) auf Rezept verordnet werden kann. Die gesetzlichen Richtlinien (§ 31 Absatz 6 SGB V) schreiben vor, Cannabis nur bei schwerwiegenden Erkrankungen einzusetzen, wenn andere Arzneimittel nicht infrage kommen.

Cannabis wird daher oft als Mittel zweiter oder dritter Wahl verwendet, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken – die Patienten sozusagen als „austherapiert“ gelten.

Die Krankheiten, die mit Cannabis behandelt werden, sind vor allem jene, bei denen es die meisten wissenschaftlichen Nachweise gibt. Zu den häufigsten Diagnosen zählen dabei in Deutschland :

  • Schmerz (76,4 %)
  • Tumore (14,5 %) – Anmerkung: zur Behandlung von Übelkeit infolge der Chemotherapie
  • Anorexie/Gewichtsverlust (9,6 %)
  • Multiple Sklerose (5,1 %)
  • Migräne (2,0 %)
  • Appetitmangel (1,2 %)
  • Entzündliche Darmerkrankungen (1,1 %)
  • Restless-Legs-Syndrom: (1,0 %)
  • Epilepsie (0,9 %)
  • Schlafstörung (0,9 %)
  • Tic-Störung inkl. Tourette-Syndrom (0,6 %)
  • Cluster-Kopfschmerz (0,6 %)

(Erhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, jeweils Häufigkeit der Diagnose bei den Rezeptanträgen für Cannabis-Medikamente, Mehrfachnennung möglich)

Cannabis-Medikamente und ihre Darreichungsformen: Cannabis sowie die enthaltenen Cannabinoide, CBD und THC, werden bei Krankheit in einer der folgenden Formen angewendet: Cannabisblüten (i. d. R.zum Inhalieren), Cannabisextrakte (Tropfen- oder Kapselform), Dronabinol (THC-Tropfen oder THC-Kapseln), Nabilon (synthetisches THC, meist als Kapseln) und Sativex® (Mundspray mit THC und CBD). Bei speziellen Epilepsie-Formen kommt das Medikament Epidyolex® zum Einsatz.

Wie kann ich mir Cannabis gegen Krankheiten verschreiben lassen?

Cannabis sowie THC in Reinform unterliegen in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG). Das bedeutet, dass der Besitz davon zu Freizeitzwecken nicht erlaubt ist. In ärztlich begründeten Fällen können Cannabis bzw. THC zur medizinischen Behandlung verordnet werden. Ein solches Rezept kann grundsätzlich jeder Arzt ausstellen (ausgenommen sind nur Zahnärzte und Tierärzte).

Cannabis gegen Krankheiten: Patient beim Arztgespräch.
(iStock.com/PeopleImages)
Cannabis gegen Krankheiten: Mann stellt einen Antrag am PC.
(iStock.com/ipuwadol)

Vorgehensweise

Wer die Medikamente selbst bezahlt, kann sich ein Privatrezept ausstellen lassen und damit die Cannabis-Arznei in der Apotheke erwerben – es sind keine weiteren Schritte notwendig.

In begründeten Fällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Dazu bedarf es jedoch einer Genehmigung. Vor dem ersten Rezept muss ein Antrag an die Krankenkasse gestellt werden, dem auch eine ärztliche Stellungnahme beizulegen ist. Anschließend prüft die Kasse den Antrag, die Prüfung darf maximal drei Wochen dauern (bei Palliativbehandlung maximal drei Tage). Bei positiver Zusage kann man ein Kassenrezept beziehen und erhält damit die Cannabis-Medikamente auf Krankenkassenkosten. Zu bezahlen ist dann nur noch der Selbstbehalt (maximal 10 Euro pro Packung).

Wer hat Anspruch auf die Kostenerstattung?

Eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden (§ 31 Absatz 6 SGB V):

  • Es muss sich um eine schwerwiegende Erkrankung handeln.
  • Es gibt keine anderen Behandlungsoptionen, andere Behandlungsoptionen sind nicht wirksam oder kommen aus anderen Gründen nicht infrage.
  • Es muss eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Besserung des Krankheitsverlaufs oder schwerwiegender Symptome bestehen.

Je besser die Evidenzlage für die Behandlung einer Krankheit mit Cannabis ist, desto wahrscheinlich ist es auch, eine Zusage für die Kostenübernahme zu bekommen.

Cannabis gegen Krankheiten: medizinisches Cannabis.
(iStock.com/FatCamera)
Cannabis gegen Krankheiten: Cannabisblüte.
(iStock.com/VasilevKirill)

Behandlung mit Cannabis: Krankheiten im Detail

Wenn Krankheiten mit Cannabis behandelt werden, ist das Ziel dieser Behandlung meist nicht die Heilung, sondern eine Linderung der Symptome: beispielsweise Schmerzen, Übelkeit und Krämpfe zu verringern oder den Schlaf zu verbessern.

In vielen Fällen profitieren die Patienten von mehreren Wirkungen, etwa wenn bei Krebspatienten zugleich der Tumorschmerz gelindert und die Übelkeit reduziert wird. Die Behandlung mit Cannabis erfolgt in aller Regel als Zusatz zu anderen Arzneimitteln („Add-on-Therapie“).

Informationen zu Behandlung und Wirkung bei ausgewählten Krankheiten im Detail:

Schmerzen

Schmerzbekämpfung ist der häufigste Grund, warum Cannabis-Medikamente verordnet werden. Zum Einsatz kommt hierbei in erster Linie Dronabinol (= THC-Tropfen oder -Kapseln), deutlich weniger oft werden Cannabisblüten, Cannabisextrakte sowie das Mundspray Sativex® genutzt.1 Dabei erfolgt in rund einem Drittel der Fälle zusätzlich eine  Schmerztherapie durch Opioide.

Bei chronischen, insbesondere bei chronischen neuropathischen Schmerzen ist die Wirkung von Cannabis relativ gut belegt.2

Aber auch bei Tumorschmerzen kann Cannabis helfen, vor allem für die positive Wirkung von Nabiximols (Kombination aus CBD und THC) gibt es einige Nachweise aus Studien.3

Der Einsatz von Cannabis bei Migräne bzw. Kopfschmerzen ist umstritten,4 es wird aber von guten Erfahrungen berichtet und es gibt u. a. Ergebnisse aus Beobachtungsstudien.5

Darüber hinaus gibt es vereinzelte Untersuchungen zur Wirkung von Cannabis bei chronischen Bauchschmerzen, rheumatischer Arthritis und Fibromyalgie, allerdings ergeben sich daraus kaum belastbare Nachweise.6

Weiterlesen: Erfahren Sie mehr zu diesem Thema in unserem Ratgeber „Cannabis gegen Schmerzen“.

Cannabis gegen Krankheiten: Mann mit chronischen Schulterschmerzen.
(iStock.com/RealPeopleGroup)

[1] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022, Abschlussbericht der Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, S. 26

[2] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 289-291

[3] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 292

[4] Horlemann, J., Schürmann, N., 2018, DGS-PraxisLeitlinie – Cannabis in der Schmerzmedizin, S. 49

[5] Sherpa, M. L., Shrestha, N., Ojinna, B. T. et al., 2002, Efficacy and Safety of Medical Marijuana in Migraine Headache: A Systematic Review

[6] äuser, W. , Finn, D. P. , Kalso, E.  et al., 2018, European Pain Federation (EFIC) position paper on appropriate use of cannabis-based medicines and medical cannabis for chronic pain management

Cannabis gegen Krankheiten: Frau bei der Chemotherapie.
(iStock.com/FatCamera)

*Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 326

Übelkeit in Folge einer Chemotherapie

Die Wirkung von Cannabis bei Übelkeit und Erbrechen ist seit Langem bekannt, sodass es bereits seit den 1970er Jahren Studien dazu gibt. Dies nutzt man bei der Behandlung von Krebspatienten, die eine Chemotherapie bekommen, da Übelkeit und Erbrechen eine häufige Nebenwirkung dieser Therapie sind.

Es gibt dazu auch Belege aus zahlreichen Studien, allerdings sind diese großteils schon etwas älter und methodisch nicht immer von bester Qualität. Außerdem fehlen Studien, die die Wirkung von Cannabis im Vergleich zu anderen Medikamenten beleuchten.*

Denn: Grundsätzlich stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, um diese Übelkeit – genannt „Zytostatika-induziertes Erbrechen (CINV)“ –  zu behandeln. Cannabis-Medikamente werden daher meist nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt, sondern dann, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken.

Appetitlosigkeit bei HIV / AIDS

Dass Cannabis den Appetit anregen kann, ist ein weit verbreitetes Wissen: Nicht umsonst gibt es umgangssprachliche Begriffe, die den Heißhunger nach dem Cannabis-Konsum bezeichnen (z. B. „die Munchies bekommen“).

Diesen Effekt möchte man bei Patienten mit HIV / AIDS gezielt hervorrufen. Denn als Symptom dieser Erkrankung kann es zu starkem ungewollten Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit kommen.

Cannabis-Medikamente (z. B. Dronabinol-Tropfen oder medizinische Cannabisblüten) können hier helfen und werden auch mitunter dafür eingesetzt. Trotzdem sind die wissenschaftlichen Nachweise dafür eher dünn.*

Cannabis gegen Krankheiten: Frau leidet unter Appetitlosigkeit.
(iStock.com/Drazen Zigic)

*Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 327

Cannabis gegen Krankheiten: Mann mit Lähmung der Bein.
(iStock.com/Charday Penn)

*Müller-Vahl, K., 2018, Cannabis-basierte Medikamente: therapeutisches Potenzial und praktische Anwendung, PSYCH up2date 12 (1), S. 27

**Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 304

Spastik bei multipler Sklerose und Lähmungen

Als weiteres relativ etabliertes Anwendungsgebiet von Cannabis gelten die Multiple Sklerose sowie die Paraplegie (Lähmungen der Beine).* Hier stehen die krampflösenden und muskelentspannenden Eigenschaften von CBD und THC im Zentrum.

Zur Anwendung kommt i. d. R. ein Mundspray mit dem Handelsnamen Sativex®, das die beiden Wirkstoffe THC und CBD kombiniert.

Die wissenschaftlichen Studien in diesem Bereich zeigen ein gemischtes Bild: In einigen Aspekten (Spastizität nach der Ashworth-Skala) zeigte sich keine signifikante Verbesserung, in anderen  (Selbsteinschätzung der Patienten) hingegen schon.**

Epilepsie

Bei Epilepsie liegt die Hoffnung vor allem auf dem Wirkstoff CBD. Dessen krampflösende Eigenschaften könnten unter Umständen die Häufigkeit epileptischer Anfälle reduzieren. Die meisten Studien dazu gibt es für Epilepsien bei Kindern.

Insbesondere gibt es gute Nachweise dafür, dass CBD die Anfallshäufigkeit bei Kindern mit Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom verringert, zwei schwer behandelbare Formen kindlicher Epilepsie.* Aus diesem Grund gibt es seit Kurzem auch ein Medikament mit CBD (Epidyolex), das für diese Epilepsie-Formen sowie für Tuberöse Sklerose zugelassen ist.

Bei Epilepsien von Erwachsenen bzw. Epilepsie generell gibt es (bisher) keine verlässlichen Belege für die positive Wirkung von Cannabis. Der Einsatz wird hier aktuell nicht empfohlen, kann aber als Therapieversuch infrage kommen, wenn andere Behandlungsoptionen bereits ausgeschöpft wurden.**

Cannabis gegen Krankheiten: Junge mit epileptischen Anfall.
(iStock.com/Orawan Wongka)

*Elliott, J., DeJean, D., Clifford, T. et al., 2019, Cannabis-based products for pediatric epilepsy: A systematic review

**Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 354

Cannabis gegen Krankheit: Frau mit Schlafstörungen.
(iStock.com/janiecbros)

[1] Kuhathasan, N., Dufort, A., MacKillop, J. et al., 2019, The use of cannabinoids for sleep: A critical review on clinical trials, S. 384

[2] Kuhathasan, N., Dufort, A., MacKillop, J. et al., 2019, The use of cannabinoids for sleep: A critical review on clinical trials, S. 389

[3] AminiLari, M., Wang, L., Neumark, S. et al., 2022, Medical cannabis and cannabinoids for impaired sleep: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials

[4] Walsh, J. H., Maddison, K. J., Rankin, T. et al., 2021, Treating insomnia symptoms with medicinal cannabis: a randomized, crossover trial of the efficacy of a cannabinoid medicine compared with placebo + Ried, K., Tamanna, T., Matthews, S. et al., 2022, Medicinal cannabis improves sleep in adults with insomnia: a randomised double-blind placebo-controlled crossover study [abgerufen am 13.03.2023]

[5] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022, Abschlussbericht der Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, S. 12

Schlafstörungen

Nicht selten wird Cannabis in Eigenregie eingesetzt, um besser schlafen zu können.1 Ob Cannabis tatsächlich bei Schlafstörungen hilft, ist aber wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt.

Die meisten Studien, die dazu vorliegen, hatten eigentlich andere Beschwerden im Fokus (z. B. Schmerzen oder Parkinson) und untersuchten den Schlaf nur als Nebenkriterium.2 Aus diesem Grund handelt es sich bei den untersuchten Probanden sehr oft um Schmerzpatienten. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2022 kam zu dem Schluss, dass Cannabis vermutlich den Schlaf bei Patienten mit chronischen Schmerzen verbessern könne, der Nutzen sei aber eher klein.3

Zwei neuere Studien untersuchen die Verbesserung des Schlafs als Hauptkriterium. In beiden Studien (23 bzw. 29 Probanden) zeigte sich eine signifikante Verbesserung des Schlafs bei Behandlung mit Cannabis-Öl. Die Anwendung beschränkte sich aber auf einen Zeitraum von zwei Wochen – eine längerfristige Behandlung wurde nicht getestet.4

Insgesamt sind Schlafstörungen aber sehr selten der (Haupt-)Grund, um medizinisches Cannabis zu verordnen. Laut einer Erhebung des BfArM (Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte) wurden Schlafstörungen in nur 0,9 Prozent der Fälle als Begründung für ein Cannabis-Rezept genannt.5

Darmerkrankungen

In einigen Fällen wird Cannabis zur Behandlung von Darmerkrankungen eingesetzt, entweder (eher selten) offiziell verschrieben1 oder auch in Eigenregie zur Selbstmedikation, etwa beim Reizdarmsyndrom.2 Wissenschaftliche Nachweise für eine Wirkung gibt es aber kaum. Es existieren zwei Studien von Naftali et al., die beide die Wirkung von Cannabinoiden bei der Darmkrankheit Morbus Crohn untersuchen – die Ergebnisse sind jedoch nicht vielversprechend.3

Die erste dieser Studien untersuchte die Wirkung von THC-haltigen Cannabisblüten. Hier zeigte sich keine signifikante Verbesserung hinsichtlich der Morbus-Crohn-Symptomatik, aber zum Teil bessern sich Begleitsymptome (Schlaf, Appetit, Lebensqualität allgemein). Noch weniger Effekte zeigten sich in der zweiten Studie: Hier wurde die Wirkung von CBD untersucht. Dies resultierte in keiner Verbesserung der Morbus-Crohn-Symptomatik.

Cannabis gegen Krankheit: Frau mit Darmerkrankung.
(iStock.com/sirawit99)

[1] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022, Abschlussbericht der Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, S. 12

[2] Storr, M., Devlin, S., Kaplan, G. G. et al., 2014, Cannabis Use Provides Symptom Relief in Patients with Inflammatory Bowel Disease but Is Associated with Worse Disease Prognosis in Patients with Crohn’s Disease

[3] Naftali, T., Schleider, L. B.-L., Dotan, I. et al., 2013, Cannabis Induces a Clinical Response in Patients With Crohn’s Disease: A Prospective Placebo-Controlled Study + Naftali, T., Mechulam, R., Marii, A. et al., 2017, Low-Dose Cannabidiol Is Safe but Not Effective in the Treatment for Crohn’s Disease, a Randomized Controlled Trial

Cannabis gegen Krankheiten: Frau bei der Therapie.
(iStock.com/KatarzynaBialasiewicz)

[1] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 228

[2] Stanciu, C. N., Brunette, M. F., Teja, N. et al., 2021, Evidence for Use of Cannabinoids in Mood Disorders, Anxiety Disorders, and PTSD: A Systematic Review

[3] Bergamaschi, M., Queiroz, R., Chagas, M. et al., 2011, Cannabidiol Reduces the Anxiety Induced by Simulated Public Speaking in Treatment-Naïve Social Phobia Patients

[4] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 394

[5] Leweke, F., Piomelli, D., Pahlisch, F. et al., 2012, Cannabidiol enhances anandamide signaling and alleviates psychotic symptoms of schizophrenia

[6] Hoch Eva, Friemel Chris Maria et al., Cannabis: Potenzial und Risiko: Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, Springer, 2018, S. 212

[7] Mitchell, J. T., Sweitzer, M. M., Tunno, A. M. et al., 2016, “I Use Weed for My ADHD”: A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD

[8] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022, Abschlussbericht der Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, S. 12

[9] Cooper, R. E., Williams, E., Seegobin, S. et al., 2017, Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial

Psychische Erkrankungen

Dass sich  die Cannabispflanze auf das psychische Befinden auswirkt, ist allgemein bekannt. Insbesondere gibt es auch einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und psychischen Beschwerden, d. h. Cannabiskonsum kann das Risiko dafür steigern (z. B. für Angststörungen und Depressionen1).

Aber: Kann Cannabis auch positiv zur Behandlung von psychischen Erkrankungen beitragen? Hier gibt es leider nur wenige Studien und kaum belastbare wissenschaftliche Nachweise. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2021 kommt zu dem Schluss, dass es keine ausreichenden Forschungsergebnisse gibt, um die Effektivität von Cannabis bei Angsterkrankungen, Depressionen und posttraumatischer Belastungsstörung zu beurteilen.2

Studie: CBD gegen soziale Ängste? In Bezug auf Angsterkrankungen existiert eine Studie, bei der Personen mit sozialen Ängsten eine öffentliche Rede halten mussten. Es zeigte sich, dass diese Ängste mithilfe von CBD gesenkt werden konnten.3 Allerdings handelt es sich nur um eine Studie mit sehr wenigen Probanden und dementsprechend begrenzter Aussagekraft.

Auch für den Einsatz von Cannabinoiden bei Schizophrenie und Psychosen gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege.4 Interessant ist aber, dass es hier vielversprechende erste Daten aus einer Studie mit CBD gibt.5 Während THC-haltiges Cannabis im Verdacht steht, das Risiko für Psychosen zu erhöhen,6 besitzt reines CBD antipsychotische Eigenschaften.

Cannabis ist mitunter auch als Behandlungsmöglichkeit für die Aufmerksamkeits- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Gespräch. Insbesondere wird es von Betroffenen eigenständig zur Selbstmedikation eingesetzt.7 Vereinzelt werden in Deutschland ADHS-Patienten offiziell mit Cannabis behandelt.8 Aber: Nachweise für die Wirksamkeit fehlen bislang. Aktuell liegen hier vor allem Fallstudien an einzelnen Probanden vor. Es gibt eine kontrollierte Studie mit 30 Probanden, hier zeigten sich aber keine signifikanten Effekte.9

Studie: CBD gegen soziale Ängste? In Bezug auf Angsterkrankungen existiert eine Studie, bei der Personen mit sozialen Ängsten eine öffentliche Rede halten mussten. Es zeigte sich, dass diese Ängste mithilfe von CBD gesenkt werden konnten.3 Allerdings handelt es sich nur um eine Studie mit sehr wenigen Probanden und dementsprechend begrenzter Aussagekraft.

Weiterlesen: Erfahren Sie mehr zu diesem Thema in unserem Ratgeber „Cannabis bei ADHS“.

Cannabis gegen Krankheiten: Weitere Forschung ist notwendig

Das Interesse an Cannabis-Medikamenten ist groß. Die Meinungen dazu gehen aber auseinander. Die einen sehen in Cannabis ein vielversprechendes Wundermittel – andere wiederum rufen zur Vorsicht auf. Bei einer faktenbasierten Betrachtung zeigt sich vor allem eines: Die Forschung zur Wirkung von Cannabis gegen Krankheiten sollte weiter ausgebaut werden. Denn in vielen Bereichen gibt es zwar Hinweise auf positive Effekte, es fehlen aber wissenschaftlich belastbare Nachweise nach den Standards evidenzbasierter Medizin. Gut belegt ist bislang die Wirkung bei chronischen Nervenschmerzen und kindlicher Epilepsie.

Cannabis gegen Krankheiten: Forscherinnen im Labor.
(iStock.com/Sean Anthony Eddy)

Fragen & Antworten: Cannabis gegen Krankheiten

Kann Cannabis Krankheiten heilen?

Nein, bislang ist nicht bekannt, dass Cannabis Krankheiten ursächlich heilen kann. Cannabis-Medikamente werden aber eingesetzt, um Symptome von Krankheiten zu lindern (z. B. Schmerzen oder Krämpfe).

Kann Cannabis Krankheiten auslösen?

Der Konsum von Cannabis allein löst keine Krankheiten aus, allerdings ist Cannabiskonsum ein Risikofaktor, psychische Beschwerden wie Angststörungen, Depressionen oder Psychosen zu entwickeln.*

*https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/sucht/probleme-2015710

Was passiert bei jahrelangem Cannabiskonsum?

Langandauernder Cannabiskonsum erhöht das Risiko, Angststörungen, Depressionen, bipolare Störungen oder Psychosen zu entwickeln. Bei Jugendlichen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, können Reifungsprozesse des Gehirns beeinträchtigt werden.*

*https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/sucht/probleme-2015710

Disclaimer

Dieser Artikel über Cannabis gegen Krankheiten wurde zu unverbindlichen Informationszwecken erstellt. Wir sind bemüht, Informationen so aktuell und umfassend wie möglich zu recherchieren und zu präsentieren. Eine Gewähr oder Haftung für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch nicht übernehmen. Die gebotenen Informationen sind kein Ersatz für professionelle Beratungen oder Behandlungen durch Ärzte und Apotheker. Bei allen individuellen Fragen und Entscheidungen rund um die Gesundheit sollten sich Patienten und ihre Angehörigen auf jeden Fall an einen qualifizierten Experten wenden.

Bildquelle Beitragsbild: ©iStock.com/Kanjana Jorruang

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